Google Analytics 4: Alles Wissenswerte zur neuen Property

Google Analytics gehört zum Standard-Repertoire in Sachen Monitoring. Das ist nicht verwunderlich, denn auch wenn das Analyse-Tool des Internet-Giganten aus Mountain View wegen Datenschutz-Bedenken immer wieder in der Kritik steht, liefert es detaillierte Informationen zur Webseitenperformance und offenbart Verbesserungspotenziale, die Webseiten-Betreibern sonst im Verborgenen blieben. Am 14. Oktober 2020 hat Google seine neue Property, GA4, veröffentlicht und damit eine neue Ära bei Google Analytics eingeläutet. In diesem Beitrag schauen wir auf die Unterschiede zum älteren Universal Tag an, klären, wann sich ein Wechsel lohnt und wie Google Analytics 4 eingerichtet werden kann.

 

Rückblick: Von Urchin zu Google Analytics 4

Es war einmal ein Unternehmen namens Urchin Software Corp., gegründet 1998 in San Diego von Paul Muret und Scott Crosby. Die Geschichte von Urchin wäre mir fast schon einen eigenen Beitrag wert – aber vermutlich würde den niemand lesen. Deshalb in Kurzform: Urchin war Anfang der 2000er eines der am weitesten verbreiteten Tools für die Webanalyse. Der Erfolg rief Google auf den Plan. Auf der Suche nach einer „eigenen“ Analysesoftware, kaufte Google die Urchin Software Corp. im Jahre 2005 auf. Urchin firmierte fortan unter dem Namen „Urchin from Google“, ehe die Software 2012 endgültig eingestellt wurde.

Mit dem Kauf von Urchin entstand Google Analytics parallel auf dessen Basis. Noch heute funktioniert Google Analytics nach der sognannten UTM-Methode (Urchin Tracking Module), das auf verschiedenen Cookies basiert, die im Browser des Webseiten-Besuchers gespeichert werden, um dessen Nutzungsverhalten auszuwerten. Allerdings wurde mit der neuen GA4-Property eine Abkehr von diesem Verfahren eingeleitet. Mehr dazu im Datenschutz-Teil.

Mit dem Universal Tag (analytics.js), dem Nachfolger des Google Analytics Tag (ga.js), aus dem Jahre 2011 fügte Google seiner Analyse neue Metriken hinzu und läutete das Ende der Urchin-Redundanz ein. Mit dem Universal Tag änderte sich der inoffizielle Name des Google-Tools in Universal Analytics, der bis zur Veröffentlichung der Version 4 Bestand haben sollte.

2014 übernahm Google den App-Analytics Anbieter Firebase. Branchenexperten war schon zu diesem Zeitpunkt klar, dass das bis dato Web-fokussierte Google Analytics irgendwann einmal die Fühler nach neuen Plattformen ausstreckt – das sollte aber noch dauern. Zunächst erschien 2017 der Global Site Tag (gtag.js), der heute wohl von den meisten Webseiten genutzt wird. Mit diesem war es erstmals möglich, auch andere Google Produkte in Analytics einzubinden, beispielsweise Google Ads.

Seine neueste Property, bei der das Know-How von Firebase ins Spiel kam, launchte Google 2019 zunächst als Beta unter dem Namen Google Analytics App + Web. Am 14. Oktober 2020 war es dann soweit: Google Analytics 4 (ga4.js) ging offiziell an den Start. Die Version stellt eine der bisher radikalsten Änderungen in der mittlerweile doch recht langen Historie von Google Analytics dar.

Exkurs: Was ist eine Property?

Irgendwie ist hier relativ oft die Rede von einer gewissen Property. Für den Fall, dass dir der Begriff noch nicht so geläufig ist, hier eine kurze Erklärung dazu: Eine Property enthält die Berichte und Daten aus Google Analytics. Ihr ist mindestens eine Webseite zugeordnet, es können aber auch mehrere sein. Die Property wird über ein bestimmtes Tag an die Seite angebunden. Je nach Version hat dieser eine andere Bezeichnung. Wenn du heute (Stand Februar 2021) eine neue Property anlegst, stehen dir zwei Tags zur Auswahl, der sog. Global Site Tag, gtag.js, von Universal Analytics und der neue ga4.js von Google Analytics 4. Es ist auch möglich, beide Tags in je einer Property auf ein und derselben Webseite zu verwenden. Dazu mehr im Einrichtungs-Teil.

Unterschiede von Google Analytics 4 gegenüber Universal Analytics

Vergleicht man die beiden Oberflächen von Google Analytics 4 und Universal Analytics, zeigt sich schnell: Es hat sich eine Menge getan! Das gilt aber nicht nur optisch, sondern auch technisch. Jede einzelne Änderung aufzulisten, würde deshalb den Rahmen sprengen. Außerdem würde man der Entwicklung ständig nachlaufen, denn bei der neuen Property ändert sich noch immer viel. Im Folgenden stelle ich die wesentlichen Änderungen einmal vor und erlaube mir zudem ein persönliches, soll heißen subjektives, Urteil, ob ich diese für sinnhaft halte oder nicht.

Automatisiertes Ereignis Tracking

Wollte man in Universal Analytics Ereignisse wie Klicks auf interne/ externe Links oder Scrolltiefen der Nutzer erfassen, musste man dafür den Umweg über den Google Tag Manager gehen und entsprechende Tags einbinden. Google Analytics 4 hat diese bereits out oft he box an Bord. Ein klarer Vorteil der neuen Version.

Insgesamt 6 Ereignisse lassen sich bereits bei der Erstellung der Property out oft he box einrichten:

  • Seitenaufrufe

  • Klicks (intern und extern)

  • Scrolls (ab 90% Scrolltiefe)

  • Video-Engagements (nur für Youtube embedded Videos)

  • Suchanfragen

  • Dateidownloads

Nutzer- statt Sitzungsfokus

Wer von Universal Analytics auf Google Analytics umsteigt, schaut möglicherweise verwundert drein, weil die Webseite vermeintlich schlechter performt. An dieser Stelle direkt mal Entwarnung: Dem ist nicht so. Wie so oft steckt der Teufel im Detail, denn Universal Analytics und Google Analytics 4 betrachten zwei unterschiedliche Hauptmetriken. Während die neue Property sich auf den Nutzer fokussiert, hat Universal Analytics deren Sitzungen im Blick. Da es pro Nutzer mehrere Sitzungen geben kann, kann es passieren, dass die nackten Zahlen auf den ersten Blick geringer ausfallen. Weil diese Umstellung schnell zu Verwirrung führt, hätte ich mir hier einen Verzicht gewünscht.

Plattformübergreifendes Tracking

Zurecht ließe sich behaupten, diese Funktion sei die Butter auf dem Brot von Google Analytics 4. Mit der neuen Version lassen sich nicht nur Webseiten, sondern auch Apps tracken. Wenn ein Shop-Betreiber beispielsweise neben seiner Desktop-Version auch eine mobile App anbietet, lässt sich das Nutzerverhalten innerhalb derselben Property monitoren.

Aus Absprung- wird Engagementrate

Vermutlich ist das Glas in Mountain View immer halbvoll. Anders kann ich mir Googles Weggang von der Absprungrate nicht erklären. Diese ist bzw. war eine der bedeutendsten Metriken insbesondere für kommerzielle Webseiten. In Google Analytics 4 sucht man sie vergebens, an ihre Stelle tritt die Engagementrate, die mehr oder minder dasselbe aussagt, nur umgekehrt. Eine Absprungrate von 30 % entspricht also einer Engagementrate von 70%, weil Nutzer, die nicht abspringen, ja mit der Seite interagieren – in welcher Form auch immer. Ähnlich wie beim Umschwung von Nutzer auf Sitzungen halte ich diese Änderung für unnötig. Insbesondere Agenturen, die sowohl Kunden mit Universal Analytics als auch mit Google Analytics 4 betreuen, müssen jedes Mal umdenken. Zudem gibt es die Absprungrate in anderen Google Tools wie dem Google Data Studio nach wie vor.

Filter werden durch Echtzeitberichte ersetzt

In Universal Analytics gab zahlreiche Filterfunktionen, mit denen sich individuelle Berichte erstellen ließen. Das Problem: Nicht jeder Filter war auf jeden Bericht anwendbar. Hat man eine nicht-kompatible Kombination aus Bericht und Filter gewählt, erschien nicht etwa eine Fehlermeldung, sondern der Bericht zeigte einem schlichtweg keine Daten mehr an. Insbesondere für Neulinge war es dadurch eine große Herausforderung, eigene Berichte zu erstellen, die über den Standard hinausgingen. Bei Google Analytics 4 hat Google hier nachgebessert und die Filter wegrationalisiert. Stattdessen lassen sich die vorhandenen Berichte in Echtzeit anpassen, was nicht nur schneller geht, sondern auch nutzerfreundlicher ist.

Oberflächenanpassungen

Wie schon oben angedeutet, zeigt sich Google Analytics 4 gegenüber dem Vorgänger Universal Analytics stark verändert. Ein paar wesentliche Änderungen zeige ich dir hier.

Startseite

Während die Startseite bei Universal Analytics im Hochformat daherkommt, wurde für die Startseite von Google Analytics 4 ein Layout im Querformat gewählt. Inhaltlich unterscheidet sich die Seite jedoch kaum von der Vorgängerversion, weshalb sich Wechselnde schnell zurechtfinden sollten.

 

Die Startseite von Google Analytics 4 unterscheidet sich inhaltlich kaum von der Vorgängerversion

 

Echtzeit

Wesentlich spannender ist da schon die Entwicklung des Echtzeit-Berichtes. In Universal Analytics fristete dieser für mich ehrlich gesagt ein Nischen-Dasein, da er beispielsweise für monatliche Monitorings wenig Bedeutung hat und ich ihn nur für das Testen neuer Tags nutze, die via Google Tag Manager eingebunden wurden. Daran wird sich, zumindest für mich, auch mit Google Analytics 4 nicht viel ändern. Nichts desto trotz begrüße ich die Änderungen am Echtzeit-Bericht sehr, denn Google hat hier ordentlich aufgeräumt. Die Informationen, die in Universal Analytics auf sechs(!) Untermenüs verteilt waren, passen nun auf eine Seite. Das steigert die Nutzerfreundlichkeit erheblich.

 

Beim Echtzeit-Bericht wurden gegenüber Universal Analytics sechs Menüs auf eine Seite gepackt. Das vereinfacht die Bedienung natürlich ungemein.

 

Engagement

Passend zur Engagementrate als die neue Metrik in Google Analytics 4, wurde mit dem Engagement auch ein neuer Bericht eingeführt, dem vor allem SEOs viel Aufmerksamkeit widmen werden. Das Engagement-Menü rückt an die Stelle des Reiters „Verhalten“ aus Universal Analytics. Es zeigt neben den Aufrufen der einzelnen Seiten, wie viele Ereignisse im Messintervall angefallen sind – und vor allem welche. Anhand der sich überlappenden Überschriften offenbart sich allerdings auch, dass Google noch etwas Optimierungsbedarf hat, was seine neue Property angeht. Zumindest bei der deutschen Version.

Komplett neu ist das Engagement-Menü. Es ersetzt den Menüpunkt Verhalten.

 

Maschinelles Lernen im Datenschutz

Vor allem innerhalb der Europäischen Union sind datenschutzrechtliche Themen in Verbindung mit Google Analytics relevant, insbesondere was die Speicherung von Cookies anbelangt. Bisher war es so, dass, Marketer „blind“ blieben, wenn Cookies einmal vom Nutzer abgelehnt wurden, da Universal Analytics dann keinerlei Aufzeichnungen mehr vornahm.

Um dem entgegenzuwirken, setzt man bei Google Analytics 4 erstmals auf Maschinelles Lernen bei der Datenermittlung. Mit Hilfe von KI soll die GA4-Property dazu befähigt werden, bei Ablehnung von Cookies in einen Consent-Modus zu wechseln, in dem nur noch nicht-personenbezogene Daten aufgezeichnet werden. Das ist allemal besser als nichts, denn anhand dieser Daten lassen sich bereits viele Informationen ableiten, etwa Nutzerzahlen, Sitzungsdauer, Gerätekategorie, Region (Browsersprache) und einige weitere.

Google vertraut jedenfalls fest auf die Datenermittlung via KI und will dieses Verfahren schnell vorantreiben. Bereits 2022 sollen Cookies im Chrome-Browser nicht mehr unterstützt werden. (Quelle: cookiebot.com). Dann wird Maschinelles Lernen die einzige Option der Datenermittlung sein.

IP-Anonymisierung als Standard-Funktion

Von Datenschützern wurde häufig kritisiert, dass die sog. IP-Anonymisierung bei Universal Analytics von Haus aus deaktiviert ist. Erst über den Eintrag ga('set', 'anonymizeIp', true) wurde diese Einstellung aktiv und so die letzten drei Ziffern der IP unkenntlich gemacht. Diese Einstellung ist laut DSGVO verpflichtend zu verwenden. In Google Analytics 4 ist anonymizeIp deshalb werksseitig aktiviert und muss nicht extra gesetzt werden.

Google Analytics 4 installieren

Es gibt zwei Optionen für die Einrichtung von Google Analytics 4:

#1: Upgrade einer UA-Property auf die neue GA-Property

Wenn du bereits Universal Analytics nutzt, dann empfiehlt sich ein Upgrade auf die neue Property. Denn dadurch wird die alte Version nicht einfach überschrieben, stattdessen bleibt sie parallel zum neuen Google Analytics 4 bestehen. Dieses Setup ist optimal, um sich mit der GA4-Property vertraut zu machen. Aus diesem Grund wird diese Vorgehensweise von Google empfohlen.

Die Erstellung der Property lässt sich ganz einfach über Verwaltung > Nutzer realisieren.

 

Über Universal Analytics lässt sich eine GA4-Property erstellen …

 

Im Anschluss hat man die Option, die erstellte GA4-Property mit der vorhandenen UA-Property zu verknüpfen. Das wäre im selben Menü möglich. Dazu wählt man im ersten Schritt den „Assistent für das Einrichten einer GA4-Property“ aus und verknüpft die neue Property im sich nun öffnenden Fenster.

 

… die dann nur noch mit der vorhandenen Property verknüpft werden muss.

 

#2: Eine neue Property einrichten (mit Google Tag Manager)

Alternativ ließe sich die neu erstellte Property auch losgelöst von einer bestehenden UA-Property einbinden. Dazu empfiehlt sich die Nutzung des Google Tag Managers, der hierfür ein eigenes Tag namens „Google Analytics: GA4-Konfiguration“ bietet. In diesen lässt sich die Tracking ID einfach eintragen. Übrigens handelt sich dabei nicht mehr um eine UA-Nummer (UA-XXXXXXXXXX), sondern um eine neue ID (G-XXXXXXXXXX). Die ID kann einfach in die Spalte „Mess-ID“ eingefügt werden.

Der Google Tag Manager besitzt ein eigenes Tag für die Einbindung einer GA4-Property

 

Google Analytics 4 verwenden, Ja oder Nein?

Jetzt, wo die wesentlichen Änderungen von Google Analytics erläutert wären, bliebe nur noch die Frage zu klären, ob sich ein Wechsel tatsächlich lohnt. Wie so oft muss die Antwort lauten: „Kommt drauf an.“

Wer den Umstieg von Universal Analytics hin zu Googles neuer Property nicht vollziehen will, weil die Qualität der bisherigen Messungen stimmt oder man nicht Willens ist, sich mit den Änderungen der neuen Version auseinander zu setzen, der kann auch weiterhin auf das bisherige Setup vertrauen. Denn Universal Analytics wird noch immer unterstützt.

Es gibt aber schon jetzt gute Gründe, die für einen Wechsel sprechen. Das gilt vor allem dann, wenn neben der Webseite auch eine App betrieben wird, die getrackt werden soll und/oder ein Großteil der Daten aufgrund von Cookie-Ablehnungen verlorengeht. Vor allem für Webseitenbetreiber, die mit dem Google Tag Manager fremdeln, lohnen sich die neuen Ereignis-Typen, die out oft he box bei Erstellung der Property übernommen werden können.

Idealerweise wählt man für die Nutzung von Google Analytics 4 ein Upgrade der bestehenden UA-Property. Dann kann man sich selbst mit der neuen Property vertraut machen, ohne dass einem die gewohnte Umgebung aus Universal Analytics verlorengeht.

Wenn Google sein Versprechen hält, wird sich die Frage nach dem Sinn eines Wechsels zukünftig ohnehin nicht mehr stellen. Denn ohne Cookies im Chrome-Browser werden die Daten aus Universal Analytics wenig bis keine Aussagekraft mehr haben.

Henry Seyffert

Henry Seyffert | Content-Marketing-Manager

Henry arbeitet bei MarkOp in den Bereichen E-Mail-Marketing und SEO. Neben dem Schreiben von Texten begeistert er sich vor allem für technische Themen und detaillierte Analysen.

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